Die Geschichte der Meisterpflicht in Deutschland
Redaktionsteam • 08.11.2024
Im Dezember 2019 beschloss der Deutsche Bundestag die Wiedereinführung der Meisterpflicht für zwölf Handwerksberufe. Seit dem 1. Januar 2020 müssen Handwerker, die in diesen Gewerken tätig sind und einen Betrieb führen, wieder einen Meistertitel nachweisen. Für Betriebe, die vor Inkrafttreten des Beschlusses gegründet wurden, gilt jedoch Bestandsschutz. Ein Meistertitel muss nicht geführt werden.
Wechselhafte Geschichte der Meisterpflicht
Mit der Bildung von Zünften und der Einführung der ersten Vorschriften zur Qualitätssicherung erlebte das europäische Handwerk bereits im Mittelalter eine Professionalisierung. Im Laufe der Jahrhunderte gab es immer wieder Diskussionen um Sinn und Unsinn der Beschränkungen, wann ein Gewerbe ausgeführt werden darf und wann nicht.
Nach dem ZweitenWeltkrieg schließlich ermöglichte der aufgehobene Meisterzwang einen Anstieg der Gewerbegründungen. Doch bereits Mitte der 1950er Jahre wurde für 94 Handwerksberufe die Meisterpflicht wieder eingeführt. Für die Wiedereinführung der Meisterpflicht in dieser Zeit sprachen die besonderen Risiken, die in bestimmten Gewerken vorherrschen: Diese betreffen zum einen Verletzungsrisiken, zum anderen den Verbraucherschutz. Ihnen kann – so der Gesetzgeber – nur mit einer entsprechend guten Ausbildung begegnet werden.
Erst mit der Handwerksrechtnovelle2004 wurde die Pflicht für einen Meistertitel in 53 Handwerksberufen wieder aufgehoben. Kurzum: Die Meisterpflicht erlebt ein Hin und Her.
Neue Regelungen für zwölf Handwerksberufe
Mit dem Beschluss des Deutschen Bundestages gilt für folgende Handwerksberufe ab 2020 wieder die Meisterpflicht: Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Betonstein- und Terrazzohersteller, Estrichleger, Behälter- und Apparatebauer, Parkettleger, Rollladen- und Sonnenschutztechniker, Drechsler und Holzspielzeugmacher, Glasveredler, Böttcher, Schilder- und Lichtreklamehersteller, Raumausstatter sowie Orgel- und Harmoniumbauer. Diese Gewerke werden ab sofort wieder in der Anlage A der Handwerksordnung aufgeführt. Zu Anlage B gehören die Gewerke mit Gewerbefreiheit.
Handwerker, die sich ab diesem Jahr mit einem eigenen Betrieb selbstständig machen wollen, müssen selbst einen Meistertitel führen oder eine Person mit Meistertitel in leitender Funktion einstellen. Bereits existierende Handwerksbetriebe haben Bestandsschutz und können auch weiterhin ohne den Nachweis des Meistertitels ihre Arbeit weiterführen.
Qualitätsanspruch nur durch gute Ausbildung
Die Entscheidung, für die zwölf genannten Gewerke die Meisterpflicht erneut vorzuschreiben, rechtfertigt der Gesetzgeber mit den hohenAnforderungen an die handwerklichenTätigkeiten. Der Schutz der Verbraucher sowie der Handwerker steht hier an erster Stelle. Die Arbeiten in den genannten Handwerksberufen sind ausschließlich durch eine fachlich fundierte Ausbildung und praktische Erfahrung so gut auszuführen, dass sie dem hohen Qualitätsanspruch des Handwerks genügen können.
Meisterpflicht: die Pro-Argumente überwiegen
Kritiker befürchten hingegen, dass die Gründung neuer Handwerksbetriebe durch die Handwerksnovelle behindert werden könnte und folglich durch den geringeren Wettbewerb die Preise steigen. Darunter leidet schließlich der Verbraucher. Befürworter der Wiedereinführung der Meisterpflicht begrüßen die Entwicklung. Sie glauben, dass die Meisterflicht zu einem höheren Verbraucher-, Gewährleistungs- und Kulturgüterschutz führt.
Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des deutschen Handwerks, meint: »Die Wiedereinführung der Meisterpflicht ist ein klarer Schritt in Richtung Zukunft. Die Stärkung des Meisters ist ein entscheidender Beitrag für ein Handwerk, das auch in Zukunft qualitativ hochwertig, ausbildungsstark und betriebsnachhaltig ist.«
Der Meistertitel wird auch weiterhin ein Nachweis für Fachwissen, Qualitätsanspruch und nachhaltiges Arbeiten sein. Der Meister ist für Verbraucher ein erkennbares Gütesiegel und für den Nachwuchs ein Kriterium bei der Auswahl eines geeigneten Ausbildungsbetriebs.